Es ist ein besonderer Moment, wenn das Baby plötzlich, weg von der Brust oder reiner Flaschennahrung, anfängt Brei zu essen.
Mit viel Geduld versucht man, ihm den leckeren Karottenbrei einzuverleiben. Bei uns war das die ersten Mal eine riesige Sauerei und trotzdem ein riesiger Spaß. ( Nur am Rande: seit dem weiß ich, Karottenflecken, die nicht ganz rausgegangen sind einfach zum Trocknen in die pralle Sonne legen. Das Karotin reagiert auf die Sonne und der Fleck verschwindet!!)
Richtig spannend wird es, wenn die Kleinen dann selber essen wollen! Man glaubt gar nicht in welchem Umfeld so ein kleiner Mensch mit einem kleinen Löffel Spuren hinterlassen kann, oder? Besonders drastisch sieht man es natürlich bei Nudeln mit Tomatensauce. Und doch geht man dieses Risiko ein, denn es schmeckt halt und bei Spinat wäre das Gleiche nur in grün und schmeckt eher selten. Und mal Hand aufs Herz: Spaghetti Napoli mit Ü18 läuft das immer unfallfrei ab?
Von diesen Herausforderungen des Selberessens ansich, das gewisse Fähigkeiten verlangt, die erlernt werden müssen bzw. dürfen, stellt sich dann aber auch zunehmend die Frage: Ab wann bringt man dem Nachwuchs Tischmanieren bei? As soon as possible, oder?!
Tischmanieren zu haben ist meines Erachtens eine wichtige Sache. Egal, wo man in seinem Leben mit wem am Tisch sitzt, man weiß, wie man sich zu verhalten hat und fühlt sich sicher dabei. Ich hatte viele Jahre ein eigenes Restaurant. Es war manchmal erschreckend wie elegant gekleidete Damen oder Herren, dann plötzlich beim Essen doch gar nicht mehr elegant wirkten! Zu gutem Stil gehören gute Manieren, finde ich, sonst passt was nicht.
Mir geht es dabei nicht, um den richtigen Gebrauch einer Hummernadel oder ähnliches. Nein um Basics!
- Aufrecht sitzen
- Die Serviette gehört auf den Schoß
- Keine Ellbogen auf den Tisch
- Nicht Schmatzen, nicht schlürfen
- Das Richtige Halten des Bestecks
- Erst sprechen, wenn der Mund leer ist
- Am Tisch bleiben, bis alle mit Essen fertig sind
Das ist eigentlich nicht viel und bedeutet doch eine tägliche Herausforderung während der Mahlzeiten. Mit unserer Tochter kamen wir spontan zu unserem „Kastanienspiel“. Mich hat es genervt, wie sie manchmal über dem Tisch hing und das Essen reinmampfte und dann ihre Erzählung fortsetzte und ich wusste, meine immer gleiche Leier zieht bereits an Ihren Ohren vorbei. Da sah ich eine Kastanie auf der Anrichte liegen vom letzten Herbstspaziergang. Ich nahm sie und verkündete, wer sich nicht an die Tischregeln hält bekommt die Kastanie und ist der Kastanienmann! Sie stieg sofort darauf ein. Heftigst wurde reihum beobachtet, ob jeder alles richtig macht. Es war lustig, wie sie versuchte Ihrem Papa eine Antwort zu entlocken, wenn der sich gerade eine Gabel in den Mund gesteckt hatte und kaute. Und es war erstaunlich, wie oft auch wir Erwachsenen oft die Regeln missachten! Gerade beim Reden hat man oft noch den Mund halb voll. So wurden wir alle wieder achtsamer und hatten viel Spaß. Ich merkte, dass unsere Tochter sich doch genau gemerkt hatte, was man immer zu ihr gesagt hatte. Die Motivation, es zu tun, weil die Eltern es sagen, war jedoch nur gaaanz schwach vorhanden. Im Wettstreit des Spieles dann plötzlich schon!
Gemeinsam zu Essen und sich dabei auszutauschen ist ein wichtiges Kulturgut. Geschäftsessen und Staatsbanketts finden statt, wenn wichtige Dinge zu besprechen sind. Und das tägliche Familienessen ist auch der Zeitpunkt an dem alle am Tisch sitzen und sich gegenseitig berichten, was so los war den Tag über. Je größer die Kinder werden, umso wichtiger, denn da ist man ja nicht mehr bei allen Aktivitäten dabei.
Wie schön finden wir es immer, im Sommer lange draußen zu sitzen am Grill, mit Wein und essen an einer langen Tafel. La dolce Vita!!
Umso angenehmer, wenn jeder etwas Etikette mitbringt und es nicht zum mittelalterlichen Gelage wird, oder?
Wie in jedem anderen Bereich, macht es auch einfach mal tierisch Spaß, die Regeln bewusst zu brechen!!
Pommes schmecken nun mal besser mit den Fingern!
Und es gibt Tage, da muss es die Pizza aus dem Karton auf der Couch vor dem Fernseher sein! Der 1.1. ist dafür ein beliebtes Datum!
Aber um Regeln zu brechen, sollte man sie kennen.
Ich finde es wichtig für die Zukunft, Kindern frühestmöglich Tischmanieren altersgerecht beizubringen!